Gespräch mit Andreas Mergenthaler, Gründer und Leiter des Verlags Cross Cult. Das Interview entstand am Rande des Comic-Salons Erlangen 2014.
Seit der Verlagsgründung 2002 liegt der Schwerpunkt auf Kult-Comics aus dem US-anglophonen und franko-belgischen Raum. Zu den bekanntesten Titeln zählen „Sin City“, „Hellboy“ oder „The Walking Dead“. 2008 startete Cross Cult seine Romansparte mit Titeln wie „Star Trek“, „Castle“ oder „James Bond“. Motiviert durch den Erfolg der Comic-Reihe „Avatar – Der Herr der Elemente“ wurde 2014 das Kids-/Teen-Label „CroCu“ gegründet.
(C) Cross Cult Verlag
Illustration der Erfolgsreihe „The Walking Dead“ von Charlie Adlard und Robert Kirkman
Wie war das am Anfang? Sag doch bitte kurz etwas zum Programm und zur Geschichte von Cross Cult!
Science Fiction, Abenteuer, Unterhaltung, Fantasy – das sind die Schlagworte, mit denen sich unser Programm beschreiben lässt.
Vor 12 Jahren haben wir angefangen als Grafikdienstleister für Comic-Verlage wie Carlsen zu arbeiten. Schon bald dachten wir damals, warum probieren wir es nicht einfach mal selbst aus mit einem Verlag, das kann doch kein Hexenwerk sein? – Damals wurden dann gerade die Rechte von „Hellboy“ frei, und wir wussten, dass zwei, drei Jahre später auch noch ein Film folgen würde. Daraufhin haben wir uns um die Rechte bemüht, und weil grad kein anderer interessiert war, haben wir die auch bekommen!
Und dann war es wohl ein glücklicher Zufall, dass der spätere Film auch ziemlich erfolgreich war. Da der US-Verlag zufrieden mit uns war, hat er uns auch die Rechte für „Sin City“ gegeben – das war dann eine noch größere Geschichte. Ja, und so hat das angefangen, dass wir uns spezialisiert haben auf Comics zu Filmen beziehungsweise auf Comics, die im Folgenden verfilmt werden sollen.
Unser Schwerpunkt liegt dabei klar auf US-Comics, allerdings abseits der Superhelden-Sachen – die bringt vor allem Panini hier in Deutschland heraus – und dann haben wir auch ein paar franko-belgische Projekte im Programm. Zurzeit ist „The Walking Dead“ natürlich unsere ganz große Nummer!
Was ist mit deutschen Künstlern? Ihr habt doch auch „Steam Noir“ von Felix Mertikat und Verena Klinke im Programm?
Mit deutschen Künstlern ganz von Anfang an neue Geschichten zu entwickeln, würde für uns recht viel Aufwand bedeuten, sodass wir uns eher auf Übersetzungen und Independent-Sachen aus dem Ausland spezialisiert haben. Eine Reihe wie „Steam Noir“ zu verlegen, ist für uns also eher die Ausnahme, dafür haben wir uns wegen der herausragenden Qualität des Projekts entschieden.
Wie hat sich denn das Verlegergeschäft in Deutschland in den letzten 10 Jahren aus eurer Sicht verändert?
Vor 10, 15 Jahren war es deutlich überschaubarer: Es gab ein paar große Verlage wie Carlsen und ehapa, und deren Comic-Alben. Heute setzen die Großen viel auf Manga, und neuere Verlage wie z.B. Splitter und wir haben dann die Lücken gefüllt.
Generell ist der Comic-Markt in Deutschland vielfältiger geworden und sehr in die Breite gegangen im Verhältnis zu früher, aber die Auflagen sind dadurch auch dementsprechend in den Keller gegangen – was früher 100.000 waren, sind heute vielleicht 5.000 Stück!
Die Vielfalt unterscheidet die deutsche Szene aber auch von der US-Szene, dort sind Comics zu 90% gleichbedeutend mit Superhelden-Comics. In Deutschland – und auch in Frankreich und Belgien – gibt es dagegen mehr Graphic Novels, Krimis, eben Titel ohne „Supermenschen“.
Bietet ihr eure Comics auch als e-book an?
Ja, das ist aber nicht so einfach: Unsere Erfahrung zeigt, dass die Leser mehr gedruckte Sachen haben wollen. Das liegt wohl daran, dass Comicleser vor allem aus der Sammlerszene kommen, und e-books kann man ja nicht sammeln und sich ins Regal stellen! Dementsprechend beträgt der e-book-Anteil beim Verkauf unserer Romanreihen wie z.B. „James Bond“ oder „Star Trek“ um die 30% im Verhältnis zu den gedruckten Büchern; bei unseren Comics macht dieser e-book-Anteil hingegen bloße 3% aus!
Was sind für euch Merkmale eines guten Comics?
Für uns spielt der Unterhaltungsfaktor eine große Rolle, es müssen also gute Geschichten aus den Bereichen Abenteuer, Fantasy und Science Fiction sein. Seit einigen Jahren gibt es ja z.B. auch den Trend, „autobiographische Graphic Novels aus dem Studentenmilieu“ zu publizieren, aber das ist nicht so unser Ding.
Überhaupt empfinde ich den Begriff „Graphic Novel“ als nicht förderlich für die Comic-Szene, ich sehe das eher als Marketingbegriff, den manche Verlage nur benutzen, um so zu tun, als seien sie etwas Besseres und um leichter in den Buchhandel zu kommen.
Wir wollen aber nichts (angeblich) „Besseres“ machen, wir wollen Unterhaltung bringen – richtige Comics eben (lacht)!
Wie findet ihr eure Autoren und Zeichner? Und wie finden die Autoren/ Zeichner euch?
Was den ausländischen Markt betrifft, kaufen wir die entsprechenden Lizenzen ein, und die deutschen Zeichner bzw. Autoren kommen in der Regel von selbst auf uns zu.
Bekommt ihr viele (unaufgeforderte) Manuskripte?
Ja, schon. Leider sind 95% davon nicht verwertbar für uns, weil wir eben vor allem mit ausländischen Lizenzen arbeiten und vieles dann einfach nicht in unser Programm passt. Aber in manchen Fällen leiten wir die Vorschläge dann weiter an andere Verlage, die mehr deutsche Künstler verlegen, und empfehlen die Manuskripte auf diese Weise weiter.
Wie langfristig im Voraus wird das Verlagsprogramm geplant?
Im Gegensatz zu den großen Verlagen, die meist mindestens ein Jahr im Voraus ihre Titel festlegen, planen wir sehr kurzfristig. Das liegt daran, dass wir uns oft an Filmprojekte dranhängen, und die meisten Dinge ergeben sich da superkurzfristig. Da wird dann z.B. ein Artbook produziert, dass drei Monate vor Filmstart schnell von den US-Verlagen zusammengeschustert wird – und dann heißt es für uns, schnell das Ding einplanen und übersetzen! Das ist auch so ein bisschen unsere Spezialität!
Wir planen also schon mit einem Halbjahresprogramm, aber es kommen jedes Mal viele kurzfristige Projekte mit dazu. Für die Buchhändler ist das oft schwierig, weil die sich dann zu spät informiert fühlen – aber damit müssen wir dann halt leben, dafür bekommen wir eben die Lizenzen, die andere Verlage gar nicht bearbeiten könnten, weil die viel länger im Voraus planen müssen!
(C) Cross Cult Illustration aus: Benjamin von Eckartsberg, Thomas von Kummant: „GUNG HO“, Cross Cult 2014
Welchen Stellenwert hat der Comic-Salon als Veranstaltung für euch?
Der Comic-Salon ist schon sehr wichtig für uns. Wir nutzen ihn z.B. als Bühne, um neue Serien zu präsentieren, wie zum Beispiel in diesem Jahr „Gung Ho“. Da achten wir dann schon darauf, dass das Erscheinen entsprechend pünktlich erfolgt, damit wir den Serienauftakt hier als Premiere feiern können, dafür eignet sich der Comic-Salon einfach prima als Aufhänger.
Im Falle von „Gung Ho“ handelt es sich übrigens um einen Re-Import zweier Münchener Zeichner (Anm.: Benjamin von Eckartsberg und Thomas von Kummant): Die Serie ist so aufwendig gemacht, dass die beiden anderthalb Jahre an einem Album arbeiten. Um das bezahlen zu können, reicht der deutsche Markt nicht aus, deshalb hat das ein französischer Verlag produziert, und wir haben das Projekt dann sozusagen wieder re-importiert!
Das ist ja interessant! Viel Geld ist also mit dem Comic-Produzieren nicht zu verdienen?
Naja, mit den meisten Sachen kann man gerade so über die Runden kommen. Glücklicherweise sind dann auch mal einige Titel wie „The Walking Dead“ dabei, mit denen man dann wirklich Geld verdienen kann. Generell gibt es viele Ein-Mann-Verlage in der Comicbranche, da sind schon ziemlich viele Idealisten unterwegs! (Anm.: Der Cross Cult Verlag hat vier feste Mitarbeiter, bei Veranstaltungen wie dem Erlanger Comic-Salon wird er von tatkräftigen PraktikantInnen und Ex-PraktikantInnen unterstützt.)
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Sylvia Marquardt.
Weitere Informationen gibt es auf folgenden Webseiten: